* 1972 Tenzone
mit „Medusa
© beim Autor
Medusa:
Es ist beim Texte schreiben und
verzieren
sehr schwer, am Substantiv
vorbeizukommen,
weils besser hilft, präzise,
nicht verschwommen,
Gelesenes halt leichter zu
kapieren.
Doch hüte dringend sich
geneigter Dichter
vor Endungen auf –ive, -ion,
-heiten,
den –ungs, den –äts und andren
Scheußlichkeiten,
denn ohne bleibt der Text viel
klarer, schlichter.
Entbehrlich sind abstrakte
Substantive,
die toten Konstruktionen
inklusive,
weil sie die Leser, Hörer nur
verwirren.
Drum greife zu den echten, den
konkreten,
die, Bildern gleich, die
Sinnlichkeit vertreten,
weil sie die Reime elfengleich
umschwirren.
Wer schreibt, um was auch immer
auszudrücken,
kommt schwer daran vorbei
konkret zu werden.
Man kann sich sinnlich oder
stark gebärden,
kann tänzelnd vor und seitwärts
rücken. -
Wer es geschickt beginnt, dem
kann gelingen
sich zu beweisen:
unverdinglicht bleibe
was nur erdacht ist, fließend,
was er schreibe
und unbegreiflich. Wunderbar,
so singen
zu können, einvernehmlich
hinzugleiten...
Wer wollte denn da ernsthaft
noch bestreiten
was uns verzaubert: Elfengleich
gereimt,
geradezu ätherisch,
traumverloren,
so habe ich mich also dem
verschworen,
was da so unscharf und
substanzlos keimt.
* 1972 Tenzone
mit „Medusa“
© beim Autor
Medusa:
Oh Dichter, hört, was ich
soeben lese:
Das Adjektiv, es gäbe einzig
Masse,
es brächte Silbenanzahl, keine
Klasse,
sei Füllwort, Blähung,
ausnahmslos Gewese.
Es fiele leicht, dies Füllsel
auszutauschen.
Das Substantiv wär sprachlich
kultivierter,
der Klartext kläng gezielter,
nicht gezierter,
die Texte sollten tunlichst
sich nicht bauschen.
Ein brausend, wilder Wind
erwächst zum Sturme,
ein glänzend langes Tier
verkommt zum Wurme,
zum Abendrot wird rosagoldnes
Licht,
zum Knoten Haares zarte, feine
Krone.
Ich frag euch was: Geht’s allen
Ernstes ohne?
Wer liebt es nicht, das Beiwerk
im Gedicht?
Braucht es denn dieses Beiwerk
im Gedicht?
Der Lackmustest wird zeigen:
Geht's auch ohne?
Zu Tressen flicht man auch des
Hauptes Krone
von Gold. Der Abendröte
Glamourlicht
braucht nicht das Adjektiv als
Wurmfortsatz.
Man muß das Füllsel nicht
einmal vertauschen.
Kein Mehrwert bringt's den Text
so aufzubauschen:
Ein Wind kann auch Orkan sein;
Sturmeshatz
bringt man so auf den Punkt.
Sag auch: Taifun,
Tornado, Trombe, Lüftchen oder
Brise.
Auch ohne Atribute zuzutun
beschreiben Substantive, so wie
diese
was Sache ist.
Grammatik-Ungetüme
braucht's nicht, hat man (wie
oben) Synonyme.
* 1972 Sonnenblumen
für Gaugin
© beim Autor
Wie sich dies satte Goldgelb
aufwölbt, kreist,
wahrhaftig im Erblühen und
vergehen,
wird auch noch manches andre
Bild entstehen.
Nimm jedes einzelne als ein
Beweis
für meine Freude, die genauso
strahlt
und Dich in meinem Heim
willkommen heißt.
Sie sind noch etwas
skizzenhaft; Du weißt.
Ich habe sie in einem Zug
gemalt
bevor sie welken. Kräftig und
doch sacht,
hab ich sie mehr gelebt als
denn gemacht
Beinahe fügen sie sich selbst
zusammen:
Hier nur getupft und dort ein
kurzer Schwenk, -
Ich staune selbst, wie aus dem
Handgelenk
die Striche leichterhand das
Bild entflammen.
* 1972
© beim Autor
Ein Versuch darf es sein, aber
kein Manifest. -
Man bemüht wohl als erstes sein
Vokabular;
Die Begriffe im richtigen
Rythmus sind rar,
als da wär: Liebelei, Anatom,
Almagest...
Ein Gedicht daraus aufzubau'n
erstmal als Test,
zu Beginn mit zwei schwächeren
Silben, dann par
excellence seine Stimme zu
heben... Gefahr
liegt darin; noch zu ungewohnt
der Anapäst.
Auch der Leser hat andere
Metren im Ohr
und so stolpert er leicht, doch
damit er nicht stürzt
setzt man möglichst nicht zu
viele Einsilber vor
seinen ersten Begriff, der auch
Sinn trägt, dann würzt
auch ein unorthodoxes Konstrukt
deinen Vers
- wie ein Daktylus, hier
allerdings mal invers.
* 1972
© beim Autor
"Man könnte Bernadette als
Verrückte
belächeln, doch es geht mit ihr
schon täglich
so viel Volk mit zur Grotte.
Ist es möglich,
daß sich Maria vor der Welt
versteckte,
die Priester und den ganzen
Klerus neckte
und sich dem Hirtenmädchen
offenbart?
Das Volk sieht nichts, das sich
ums Wunder schart.
Woher hat sie den Namen
Unbefleckte
Empfängnis?
Als sie
mir den Titel nannte,
den hier im weiten Umkreis
niemand kannte,
war ich erschüttert und ich
beuge
mich ihrer Reinheit. Ja! Mit
einem Mal
war ich bekehrt. Ich, Pater
Peyramale,
Ich sah sie nicht und wurde
doch ihr Zeuge!
* 1972
© beim Autor
Beeindruckend sind die
Geschichten, gefährlich
mitunter, was andere aus ihnen
schließen.
Für etwas sein eigenes Blut zu
vergießen,
kann leicht überzeugen: Das
Opfer ist ehrlich
und oft wirkt es mächtiger als
Argumente.
Gelegentlich kann man's, wie
bei Katharina in
verklärten Legenden als einer
Dienerin
des Glaubens erkennen:
verblendet
das Märtyrerbildnis vom
Heiligenscheine.
Am Todesmut kann sich die Masse
berauschen;
Beweggründe sind dabei leicht
zu vertauschen.
Der Märtyrer, ein echter
Archetyp, hat ja
schon universellen Charakter:
Hypatia
so untadelig wie Katharina
"die Reine".
* 1972 gesehen
in der Landesgalerie Hannover
© beim Autor
Der Frühlingsanfang geht unaufgeregt
und leise
hoch über diesen dunklentoten
Tann hinweg.
Hier wolkt er auf, dort blitzt
ein blauer Fleck;
Ein morscher Lattenzaun schlägt
eine Schneise.
Wie eine Blutspur hingekleckst
der Mohn,
führt tiefer in dien
Fichtenwald, wo 's niemals tagt.
In eigne Finsternisse
eingeigelt stakt
dort Stamm an Stamm, - und
hitzig lodert schon
der krume Frühjahrstracht: Sie
brennt wie ein Geschwür,
das droht, daß es im Nu den
ganzen Walt entfacht -
Wie jeder Hauch in diesen
Wipfeln ächzt und kracht!
Der Lenz, der Lenz ist da und
fordert die Gebühr:
Gemächlich schreitet er den
dürren Forst entlang
und nicht nur ein Stamm unter
seinen Schritten schwankt.
* 1972 Tenzone
mit Claudia Sperlich
© beim Autor
Claudia Sperlich:
Zehn Jahre war die Schädeldecke
alt
und ging kaputt, als sie zu
Boden fiel.
Man wäre langsam schneller an
sein Ziel
gekommen, und mit einem
sanftern Halt.
Die Speiche war schon dreizehn,
als sie brach
durch Prahlerei und Leichtsinn.
Kinderei.
Danach trotz Leichtsinn lang
verletzungsfrei.
Mit fünfundvierzig folgt die
Schulter nach.
Ich hab den Katastrophenplan
erfüllt,
Fortuna hat genug mich
angebrüllt,
und was jetzt folgen mag, soll
mich nicht schrecken.
Die erste Hälfte Leben ist
vorbei,
die meisten Knochen blieben
ganz dabei.
Den nächsten Bruch wird wohl
die Erde decken.
Ich will nicht prahlen; ich bin
nicht gesunder
als andre Leute. Hier ein
Zipperlein,
da stellt sich Durchfall, dort
die Grippe ein;
doch nimmt es, wenn ich mich so
umschau, Wunder,
daß ich mir bisher nicht die
Knochen brach.
"Das Risiko gibt erst dem
Leben Würze",
sagt mancher; - ich beobachte
die Stürze
und gehe meines Wegs gemach,
gemach.
Okay, ich hatte manchmal
einfach Dusel,
wenn Werners Köter seine Zähne
fletschte, -
auch fällt man auf die Füße
unter Fusel,
hab keine auf dem Fußballplatz
zergrätschte
Gebeine im 3D-Motorik-Puzzle:
200 Teile und ein paar
gequetschte.
* 1972 Tenzone
mit Claudia Sperlich
© beim Autor
ZaunköniG:
Du hältst dich selbst wohl für
besonders schlau -
Gedichte und so'n affektierter
Kram.
Du ödest mich so an, du bist so
lahm...
Jetzt zeige ich dir mal die
bunte Sau!
Nicht wahr? In Dir steckt auch
dies kleine Luder,
mit Geilheit, die noch größer
als die Scham.
Na? kitzelts dich, wenn ich so
red? bekam
die Maske Risse unterm prüden
Puder?
Ich rühr noch etwas weiter in
der Pampe;
Du liebst doch auch das Spiel
mit etwas Dreck.
Du kleiner Fickfrosch du, du
geile Schlampe,
dich nehme ich anal, gleich
hier vom Fleck!
Nun trau dich schon, sei bloß
nicht so verklemmt.
Es schreibt sich anonym ganz
ungehemmt!
Claudia Sperlich:
Du armer Troll, es mag dich
keiner leiden!
Kein Mensch, der denkt, und keiner,
der nur fühlt.
Man hat vielleicht dich einst
zu heiß gespült,
und nun kannst du an nichts als
Schmutz dich weiden.
Vergeblich hast du lang im
Dreck gewühlt,
da das, was du beförderst,
andre meiden.
Von dir muß alles Kluge weinend
scheiden,
vor dir ist alles Liebe
abgekühlt.
Nicht daß ich irgend einen
Trollgroll hege!
Ich bin zuweilen regelrecht
geduldig,
und weiß, daß jeder Mensch im
Grunde schuldig.
Nur will ich lieber nichts mehr
von dir sehen,
und da es nicht an mir ist,
wegzugehen,
so lebe wohl und troll dich
deiner Wege!
ZaunköniG:
Wer spricht mir Dir? Fühlst du
dich angezogen?
Du gähnst mich an... Ich glaub
du bist bekifft.
Die Sätze ziehen sich wie
schleichend Gift -
Um wach zu werden gibt es andre
Drogen!
"Ich mag nicht"
stöhnen alle, ach: gelogen!
Was ist das für ein
Heim-und-Herd-Komplex?
Ihr habt doch alle nur zu wenig
Sex,
so artig, (tutzi, tutzi...)
wohlerzogen
und keinen Schimmer, was ihr so
verpasst.
Zwar klebt es, euer
Wort-Ejakulat,
doch fehlt ihm ganz
Entscheidendes: Die Tat!
Man müßte Mitleid haben, denn
ihr haßt
nur das, was ihr nicht kriegen
könnt, (So ist es!)
Versucht's auch gar nicht erst,
denn, ja, ihr wisst es!
Claudia Sperlich:
O Troll, o Troll! -
Fast rief ich: Gottogott!
Es ist, wie du dich
brüstest, kaum zu fassen.
Kannst du nicht es,
statt wieder einen, lassen?
Das Zauberwort mit
Doppel-T heißt flott.
Ich werd vermutlich
ohne das erblassen,
was dir so wichtig
scheint im Lebenstrott.
Ich find dich
liebenswert wie ein Schafott
und ahne:
deinesgleichen gibts in Massen.
Zwar traurig, doch
normal die Langeweile,
die du verbreitest
(machen das doch viele).
Mich ärgert nur,
daß deine Kinderspiele
hier Raum belegen,
der gebührt dem Dichter.
An jedem Ort der
Welt ist das Gelichter
sehr stark und hat
im Denken keine Eile.
ZaunköniG:
"Im
Denken", ach, das ist ja wohl der Kracher!
Seid ihr auch
selten, sag ich "selten dämlich".
Stellt man uns
gegenüber, habe nämlich
Ich auf meiner
Seite alle Lacher.
Glaubst du, daß ich
um meinen Abgang schacher?
So siehst du aus,
so schreibst du denn auch: ziemlich
enthoben,
selbstgefällig und bequemlich.
Auf hundert Denker
gibts nur einen Macher!
Meine Riemen wäre
dir bestimmt ein Schock,
Greig dir für's
erste selber untern Rock.
Ach was, schreib
weiter deine Verse für
die Tugenden, die
Schmetterlinge, Elfen;
Ich hab's gemerkt:
Dir ist nicht mehr zu helfen.
Das Leben aber
wartet vor der Tür!
Claudia Sperlich:
Mein Leben, Tröllchen, wartet
eben nicht.
Mein Leben wird von mir gelebt,
und gerne!
Ich denke, liebe, fliege an die
Sterne -
und jeder Tag bringt mir ein
neues Licht.
Von dir, du rußig trübe
Stallaterne,
kommt nicht genug für mich. Du
armer Wicht
übst recht erfolgreich
geistigen Verzicht -
sei mir gegrüßt aus möglichst
großer Ferne.
Du lebst von dem, was zwischen
deinen Beinen,
und mag dir das auch sehr
beträchtlich scheinen,
so ists für mich, die Bessres
kennt, nicht wichtig.
Für dich ist deine Lebensform
wohl richtig,
doch ich bin zu was anderem
geboren:
Ich leb von dem, was zwischen
meinen Ohren.
* 1972
© beim Autor
Ist
Gottes Erkenntnis sein Sein?
Es scheint, Erkenntnis geht dem
Urbild nach,
wogegen Gottes Sein der Anfang
ist.
Doch wer auf die Art urteilt, der
vergißt,
daß jedes Abbild, bunt und
mannigfach,
in Gott, der allen Dingen
Ursprung war,
enthalten ist. Er brachte Raum
und Zeit
hervor aus seiner
Unermesslichkeit.
Im Anfang war er einfach,
singular;
Nicht anders kann ein
Anfängliches sein
und alles Folgende in sich
enthalten.
Erkenntnis ist sein Sein und
ist sein Walten,
denn was wir durch die Zeit
seh'n ist nur schein-
bar mannigfach: Aus sich heraus
ist keines.
In Gottes Singularität ist's
Eines.
* 1972
© beim Autor
"...Der Zehner wird
gefährlich und spielt schlau
die Flanke ins zentrale
Mittelfeld:
Ein Doppelpass und Schuß!"
- Der Keeper hält,
schlägt ab, der Ball fliegt
weit. Nun kontert Blau:
"Wo ist die Deckung? So
ein Hühnerhaufen! -"
- Man kann's auch vor dem
leeren Tor vergeigen.
Der Club droht nun tatsächlich
abzusteigen,
läßt sich zuhause schon den
Schneid abkaufen.
"Zum Glück wurd nach dem
Einwurf Abgepfiffen"
Die Couch wird hart, wie die
Reservebank:
Der Sportdirektor kommentiert
zerknautscht
das Spiel: "Man hat
anscheinend nicht begriffen,
worum es geht." Nochmal
der Torschuß (Autsch!")
und ein frustriertes Jungtalent
zieht blank.
* 1972
© beim Autor Eisschnelllauf:
Teamvervolgung der Damen
Halbfinale gegen die USA in Vancouver 2010
Ja ist es denn: der deutsche
Zug holt auf -
Sie überholen nun die
Läuferinnen
der USA - Die deutschen
wechseln innen...
Nun wird es doch der souveräne
Lauf.
Doch was ist das! Da hatte Anni
kurz
Probleme, eingangs in der
letzten Runde.
Sie hat den Anschluß nocheinmal
gefunden...
Die letzte Kurve! -
Schlußspurt! Nein - der Sturz...
kurz vor dem sicher
eingefahrnen Sieg.
Trotz ihrem Knie bekam sie ihre
Chance,
dann wurden ihr hier doch die Beine
weich.
Was geht nun in ihr vor, wie
sie da liegt?
"Ich hab's verpatzt - Nur
noch der Lauf um Bronze..."
Dann sieht sie aufs Tableau:
Mein Gott, e s...r e i c h t!
* 1972
© beim Autor
"Das Risiko für Darmkrebs
wird vererbt",
sagt's, greift der Unbekannten
in den Schritt,
"dort, schauen sie am
plastinierten Schnitt:
Wir haben hier den Tumor blau
gefärbt...
Vergleichen Sie einmal, hier
zwei Gesäße:
Das Krankheitsbild in zwei
verschiednen Phasen.
Die Knubbel hier, das sind
schon Metastasen
und ungeordnet wuchern die
Gefäße...
Doch weiter. Kommen wir zu
unserm Star:
Man hat für uns zwei Körper
arrangiert
(Die waren auch im Leben schon
ein Paar)
zu zeigen, was beim Liebesakt
passiert.
Ja, Wissenschaft kann spannend
sein, nicht wahr!
Wer sich nun für das Studium
interessiert..."
* 1972
© beim Autor
Sie braucht nur abzuwarten,
sitzt nur da
und schaut dich an. Du machst
dir deinen Reim
auf ihren Blick und ihr
Medusenhaar.
Sie hält dir nichts verborgen,
nichts geheim,
und bleibt doch unbegreiflich,
ja sogar
die Nacktheit zwingt ihr keine
Blöße ab.
Dort sitzt sie. Niemand käme
ihr nun nah,
stieß in dies Fluidum, das sie
umgab.
Schon stürzt es tief in dich
hinein und treibt
mit Mondesschwere in dir um und
um.
Was glaubst du, was aus der
Begegnung wird?
Kein Aufschrei, der dich retten
könnte: stumm
saugt dir ihr Blick das Leben
aus dem Leib,
das ihr auch ohne dich
entgegenschwirrt.
* 1972
© beim Autor
Beim Sport-Event 04, dem
Super-Bowl,
bringt das Begleitprogramm das
Volk in Rage:
Blitzt da nicht eine Brust aus
der Korsage!?
Ein medienpolitisch böses Foul.
-
Die Reaktionen puritanisch,
wirsch:
Der Fall gehört vors Oberste
Gericht!
Derweil der Sender Besserung
verspricht,
bedauert diesen
"Unfall" und zerknirscht
schwört eine Branche Sexual
Content
fast kleinlaut ab. Doch in der
Yellowpress
verbeitet sich das Bild als
"Dokument
des ethischen Verfalls"
Skandal! Indes,
als Folge dieser kleinen
Episode
kommt Nipplepiercing plötzlich
schwer in Mode
* 1972
© beim Autor
Auf Klassenfahrt in Travemünde
war
grad Grenzbesichtigung auf dem
Programm,
doch ehe man zu Zaun und
Wachturm kam
ging es am Strand entlang -
hier FKK.
Für uns war sowas neu und -
sonderbar.
Wir gingen brav in
Zweierreihen, stramm
den Blick nach vorn. Wir
fühlten beinah Scham -
An jeder Düne lauerte Gefahr:
Jetzt blos nicht auffall'n -
"Glotz da nicht so hin!",
begannen erst im Lager
aufzutauen.
Da lagen manche lockren Sprüche
drin.
Wir feixten über diese
Nackedeis:
"Was die im nahen Wald
wohl tun? - Wer weiß!"
und neideten doch fast, was die
sich trauen.
* 1972
* 1972
© beim Autor
Beim letzten Ausflug der ersehnte
Klick!
erstaunlich schmal, und elegant
gefleckt,
so lässig in der Gabel
hingestreckt
wie es nur Katzen können und
ein Blick
voll überlegnen Lächelns. Etwas
träge,
wie sie in greller Mittagshitze
döst,
doch alle Glieder an ihr sind
gelöst...
Ich stehe noch nicht gut, -
noch etwas schräge
die Perspektive: Jetzt nur noch
zwei Schritte
nach vorne, - Ja, so bleiben -
Lächeln bitte!
So wird sie sich vielleicht nie
wieder zeigen -
Der goldne Schnitt, so wie es
sich gehört -
Nur eines was aus diesem Winkel
stört:
Die Fotoapparate in den
Zweigen...
* 1972 Die
Mona Lisa 1963 in Washington und New York
© beim Autor
"Oh boy", in großen Lettern," what a
smile!
klingt es fast messianisch in
der LIFE.
Die Neue Welt ist für die
Schöne reif
und pilgert nach D. C., das
Bild wohlfeil
als Imageträger der
Kulturnation,
der alten wie der neuen:
"pretty wonder"
Als Lächeln selbst erschien die
Gioconda
auf ihrer transatlantischen
Mission.
Den Louvre-Kuratoren war nicht
wohl
dabei, jedoch entschied es
Charles de Gaulle,
verzaubert von der jungen
Kennedy.
So kam da Vincis stumme Poesie
sogar in diplomatische Gefilde;
doch gut auch für die Kunst. -
Sie lächelt milde.
* 1972
© beim Autor
Der Tag hat Stil. Besonders
gilt mein Lob
dem Regen, der ihn seichten
Niederungen
des Alltags just mit Eleganz
enthob:
Sogar der Sonne hat er
abgerungen
nicht allzu stolz
herabzublicken
und selbstlos dem Moment allein
zu dienen.
Tatsächlich scheint sie sich
grad anzuschicken
herabzusinken, wo die
Limousinen
bereitstehn, aufpoliert und mit
Chauffeur.
Die Lindensilouhette weich
verschwimmt;
Die Dame nimmt vom Regen kaum
Notiz;
Den Schirm trägt sie als Teil
der Haut Coteur,
als ob die Sonne ihr (Nein,
ganz bestimmt!)
servant zu Füßen liegt als
goldnes Vliess.
* 1972 Telestichon
© beim Autor
DIE
SUCHMASCHINE 1? DAS HAT SCHON KLANG
EIN
GUTES STICHWORT IST DAS A UND O
DIE
SUCHE GLEICHT MODERNEM DOMINO
VON
LINK ZU LINK IM WWW ENTLANG
DER
GOLDNE PFERDEKOPF ALS ANSTECKNADEL;
DASS
KEINE RELEVANTE INFO FEHLE
DIE 17
HIPPIES - NEUE SONGS MIT SEELE;
DOCH
NOCH EIN LINK ZUM ALTEN INKAADEL.
DANN
DIE MUSIKBAR AUF ST. PAULI UND.
NOCH MARIACHI
(BAND AUS MEXICO);
DIE
WESTERNSTADT TEMPLIN; EIN MUSS FÜR BIKER;
DIE
KAPSTADT-TOURS - DOKUMENTIERT BY LEIKA.
DU
GOOGLEST IN SEKUNDEN FUND AUF FUND;
MAN
FINDETS ÜBERALL UND NIRGENDWO.
* 1972
© beim Autor
Er liegt in der Luft - Ein
gewitterschwangerer ..Aufbruch ins Blaue.
Auf warmer Brache: Ein
ausgeklügelter Bau; Speichel und Krume
locker angehäuft, zwischen
Wegerich Gräsern ..und Flockenblume,
dort noch ein Häuflein - und
noch eins, ungezählte ..Ameisenbaue.
Hinaus, nur hinaus - auf ein
geheimes Zeichen ..schwärmt ein Gewimmel
über Stock und Stein. ..Das
große Krabbeln beginnt. ..Ein hektischer Tanz,
Flügelgezerre - Ungeduld in den
Gliedern - asphaltschwarzer Glanz.
Ein Drohnenleben.. nur für
diesen einen Flug.. am tiefen Himmel.
Völkerwanderung: - Was fliegen
kann, erhebt sich, .. dringt allenthalben
auf die Halmspitzen.. und
schraubt sich in die Höhe. - Königinnentag.
Umschwärmt und umschwirrt -
Liebestoll aufwärts taumelnd - Ein Fest für Schwalben
und ein Neuanfang. - Die Flügel
abgebissen - in Wiese und Hag
zehrt sie sich fast aus, -
wird, wenn sie es überlebt - Mutter der Nation
bis im nächsten Jahr.. die neue
Generation.. auffliegt und davon-
* 1972
© beim Autor
Bald das Gegrummel der Trommeln
verstummt: Nur ein einziger Ton
So als erwartetest Du - längst
schon die Ohren gespitzt -
Solch einen Morgen und horch -
Klarinettenklang hellzwitschernd sitzt
rings in der Luft. Das Klavier
spielt eine Lenzimpression,
"Marsch!" spielt die
Trommeleskorte, Gesang in der Dämmerung lag,
Schwebende Geigen, der Chor:
schwillt mählich an in ein Raunen -
Jetzt ist der Augenblick, jetzt
steigen ein die erwachten Posaunen,
wetteifernd, hastig und laut.
Pauken von fern, Schlag auf Schlag.
Durchatmen! - Nur diesen kurzen
Moment... Dieses Zittern versteigt
auffordernd sich in Gewalt,
bald übertönt den Sopran
Ein infernalischer Bläsersturm:
anschwellend, abschwellend, vorn:
Helle Fanfaren im Takt, hinten verhalten
das Horn
blendet den Trubel kurz aus wie
es Witterung aufnimmt. Da zeigt
jedes sich Hals über Kopf,
taumelnd im gierigen Wahn.
* 1972
© beim Autor
Es ist kein guter Ort hier
unter Weiden,
wo das Gewässer trübe Anteil
nimmt.
Dort nisten Nesseln im Geäst,
dort schwimmt
ein Teppich Hahnenfuß. So wie
sich seiden
am andern Ufer Rosen wanden,
fanden
sich in den Händen Maßlieb und
Violen,
Vergissmeinnicht und Mohn
beinah verstohlen
zum Brautkranz, ach - die
fröhlichsten Guirlanden:
Sie lösen sich. Dem Wasser
abgelauscht
legt sich das Haar in Wellen
und ertrinkt,
wie sich das Kleid ein letztes
Mal noch bauscht;
Ein sich Ergeben, das sich
unbedingt
an seinem eignen Untergang
berauscht
bevor es schwer wird und zu
Grunde sinkt.
* 1972
© beim Autor
* 1972
© beim Autor